Quelle: Deutscher Imkerbund, 2017.
www.deutscherimkerbund.de
Gutes Management bewahrt vor Wachsproblemen
In den zurückliegenden Monaten informierten wir Sie regelmäßig zum aktuellen Stand der Wachsverfälschungen, die in mehreren Ländern Europas, so auch in Deutschland festgestellt wurden.
Um derartige Probleme zu vermeiden, wurde bisher zu einem geschlossenen Wachskreislauf geraten. Die Situation in den letzten Monaten hat gezeigt, dass ein Umdenken einsetzen muss, da durch einen geschlossenen Wachskreislauf sich entsprechende Kontaminanten anreichern können.
Das Präsidium des D.I.B. hat in seinen Sitzungen im September und November 2016 über die Problematik beraten und daraus resultierend den Beirat für imkerliche Fachfragen, Johann Fischer, gebeten, einen Leitfaden für ein zeitgemäßes Wachsmanagement zu erstellen.
Aufgrund der aufgetretenen Probleme bitten wir alle Imkerinnen und Imker, die eigenen Abläufe bei der Wachsverarbeitung und -gewinnung in dieser Hinsicht zu prüfen.
Der angefügte Leitfaden soll Ihnen dazu eine Hilfestellung bieten:
Vorbemerkung:
Bienenwaben stellen die Lebensgrundlage in einem Bienenvolk dar. Alle Abläufe im Volk fin-
den auf den Waben statt. Die Zellen dienen zum Speichern von Honig und Blütenpollen sowie zur Aufzucht von junger Brut. Das Baumaterial, das Bienenwachs, wird von jungbienen in speziellen Wachsdrüsen an der Bauchseite gebildet. Das frisch gebildete Wachs, Wachsschüppchen genannt, ist weiß und hat eine leicht ovale Form. Diese Wachsschüppchen werden von den Arbeitsbienen mit Hilfe ihrer Mundwerkzeuge zu Waben verbaut. Bienenwachs ist eine hochkomplexe Mischung verschiedener Fettsäuren, Alkoholen und Fettsäureestern. Insgesamt sind über 300 verschiedene Bestandteile im Bienenwachs nachgewiesen, eine synthetische Nachahmung von Bienenwachs ist aufgrund dieser Zusammensetzung nicht möglich. Diese Besonderheit macht echtes Bienenwachs zu einem wertvollen Produkt aus dem Bienenvolk.
Bienenwachs ist aufgrund seiner Zusammensetzung in der Lage, verschiedenste Stoffe auf-
zunehmen und anzureichern. Dies kann einen positiven Effekt haben, in dem z.B. Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln vom Honig in das Wachs übergehen. Andererseits können hohe Rückstandswerte im Bienenwachs dazu führen, dass diese Stoffe vom Wachs wieder in den Honig gelangen können.
Problematik in der eigenen Imkerei:
Durch den Einsatz von fettlöslichen Varroaziden und Stoffen in der Imkerei (z.B. Wachsmottenabwehr, Repellentien) weisen mittlerweile viele Wachspartien eine Vielzahl an Wirkstoffen auf. Zudem tauchen immer wieder Wachspartien im Handel auf, die in unterschiedlichsten Anteilen mit anderen Wachsen (z.B. Paraffin) verfälscht wurden. Auch Stoffe, die Brutschäden verursachen können enthalten sein. Es ist für den Imker nicht erkenntlich, welche Wachsqualität er im Einkauf erhält.
Aufgrund der Rückstandsproblematik wird grundsätzlich eine Varroabekämpfungsstrategie
empfohlen, die nicht zu Rückständen im Wachs oder Honig führt.
1. Offener Wachskreislauf
Die verschiedenen Wachsquellen im Bienenvolk können in ihrer Qualität unterschiedlich sein:
Jungfernwachs (z.B. Drohnenbau, Naturbau und Entdeckelungswachs) ist von den Bienen neu produziertes Wachs und hat die höchste Qualität (geringste Rückstandsbelastung). Altwachs (Altwaben und mehrjährige Honigraumwaben) kann sich, je nach Standort, im Laufe der Zeit mit verschiedenen Stoffen (ggf. Varroabekämpfung sowie Pflanzenschutzmittel, Umweltgifte etc.) anreichern.
Deshalb diese beiden Wachsarten sortieren und getrennt ausschmelzen. Jungfernwachs sollte bevorzugt wieder zu Mittelwänden verarbeitet werden, während das Altwabenwachs größtenteils aus dem Wachskreislauf ausgeschieden werden sollte (Verarbeitung zu Kerzen, Holzschutz – jedoch nicht von Bienenbeuten, etc.).
Eine Betriebsweise, die auf einen hohen Wachsumsatz basiert, unterstützt den offenen Wachskreislauf.
2. Mittelwandherstellung
Das Jungfernwachs und ggf. ein kleinerer Teil des Altwabenwachses werden entweder selbst mit geeigneten Gussformen (Silikongussformen mit Wasser oder Luftkühlung bzw. Metallgussformen) zu Mittelwänden gegossen oder an einen Wachsumarbeiter des Vertrauens zur Umarbeitung gegeben.
In der Regel kann der Wachsumarbeiter nie das gesamte Wachs zu Mittelwänden umarbeiten, einen kleinen Rest erhält man als Blockwachs zurück. Um einigermaßen wirtschaftlich arbeiten zu können, benötigen die Umarbeiter jedoch eine Mindestmenge an Bienenwachs.
Dies ist vor allem für Kleinimker oft schwierig zu erreichen. Hier könnte ggf. eine Wachsgemeinschaft die Lösung sein. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Auch wenn die meisten Wachsumarbeiter sehr seriös und transparent arbeiten, so sollte jedoch eine gewisse Kontrolle über Rückstellproben erfolgen. Nur so lassen sich die schwarzen Schafe in dieser Branche erkennen. Grundsätzlich gilt die Empfehlung: Ist nicht genügend eigenes Wachs vorhanden, nur rückstandsgeprüfte Mittelwände (mit Nachweis) kaufen!
3. Kompletter Wachstausch
Wenn das Wabenmaterial einer Imkerei auf ungeprüftes und dadurch meist mit verschiedenen Stoffen belastetes Wachs basiert, erfolgt eine Rückstandreduktion nur durch einen Verdünnungseffekt des von den Bienen ergänzten Wachses. Hier bietet sich ein kompletter Wachstausch an. Einen solchen kompletten Wachsaustausch nehmen auch Imkereien vor, die sich in der Umstellung auf eine ökologische Imkerei befinden.
Die Jungvolkbildung wird dabei ausschließlich über Schwärme und Kunstschwärme vorgenommen. Die Jungvölker werden entweder auf rückstandsfreie Mittelwände oder
Rähmchen mit rückstandsfreien Anfangsstreifen gesetzt. Sie errichten ihren Wabenbau
komplett neu. Unterstützt wird der Ausbau der Waben, wenn in trachtloser Zeit mit Flüssigfutter (1:1) gefüttert wird.
Jungvölker errichten im Naturbau deutlich weniger Drohnenzellen als Altvölker, die Naturbauwaben ausbauen. Das Auflösen der Altvölker erfolgt ebenfalls über Kunstschwärme. In solchen Völkern wird die Altkönigin rechtzeitig gekäfigt, damit die Brut ausläuft. Nach dem Auslaufen der Brut wird der Altwabenbestand anschließend komplett eingeschmolzen. In der Regel dauert eine komplette Umstellung zwei Jahre.
Wachtberg-Villip,
Januar 2017